Tertiär in Düsseldorf

Geologie - Fauna - Bodendenkmalpflege

Bericht über das geowissenschaftliche Seminar am 19.05.2001 im Naturfreundehaus Gerresheim

Nach einer Begrüßung der 15 Teilnehmer durch den Fachgruppenleiter der Fachgruppe Natur- und Heimatkunde der Ortsgruppe Düsseldorf übernahm Herr Josef Boscheinen vom Löbbecke-Museum in Düsseldorf die Leitung des Seminars.

Herr Boscheinen machte uns zunächst mit der historischen Geologie, wie Abfolge des Tertiärs im Rheinland, hier besonders mit den Ereignissen in unserer engsten Nachbarschaft, vertraut. Zu dieser Zeit waren bereits alle Gräser entstanden, Säugetiere, Fischgruppen wie Haie, Meeressäuger wie Wale und Robben. Die Alpen zwischen Po-Delta und bayerischem Voralpenland wurden aufgefaltet. In dieser Zeit entsteht aus einer Landsee-Ablagerung die berühmte Grube Messel bei Darmstadt. Im Oligozän erreicht das Meer in unserer Gegend die größte Ausdehnung, während im nachfolgenden Miozän der Meeresvorstoß noch bis Wesel und danach im Pliozän das Meer bis Winterswijk reichte.

Die Gerresheimer Sandberge wurden im Oberoligozän abgelagert und sind ein eindrucksvoller Aufschluß des Tertiärs. Der Limonit, die dunkelbraunen Bänder in den Ablagerungen, sind nicht sehr eisenhaltig. Die oberen weißen Sande, die hier nur wenige Zentimeter dick sind, bilden bei Leichlingen haushohe Berge, die aber inzwischen abgetragen sind. Bei den Fossilien bleiben nur Abdrücke und Steinkerne übrig, so daß Aufsammeln und Bestimmen problematisch bleiben.

Danach stellte Herr Boscheinen verschiedene Fundpunkte bzw. Gruben vor, die ins Oberoligozän datieren, oder leicht älter sind. Es sind dies der Waldsee am Friedhof Lintorf bzw. Grube Muscheid und die Grube Nelskamp am Breitscheider Autobahnkreuz. Leider sind diese Aufschlüsse aus dem Mitteloligozän nicht mehr zugänglich.

Auch auf das Bodendenkmalpflege-Gesetz ging Herr Boscheinen ein. Die Auslegung dieses Gesetzes ist scharf gefaßt und betrifft uns auch heute beim Zerkleinern der Steinbrocken. Die Steine sind jetzt Eigentum des Landschaftsverbandes Rheinland 1 und in Verwahrung des Löbbecke-Museum-Aquazoo.

Jetzt ging es zum praktischen Teil des Seminars: Alle Sandsteinblöcke, die von der unteren Denkmalbehörde für derartige Fortbildungsveranstaltungen freigegeben wurden, sind numeriert und mit einem eingenordeten Pfeil versehen. In einer Zeichnung der Sandgrube Pimpelsberg (Nähe Bahnstation Erkrath-Nord) sind die Stellen mit Nummern versehen, aus welchen die Blöcke stammen. Damit wird erreicht, daß bei weiteren Funden aus diesem Material die Lage sofort ermittelt werden kann. Sollten wir heute Fossilien finden, die in der Liste der 673 Befunde nicht enthalten sind, so wird Herr Boscheinen diese Funde in die Museumssammlung übernehmen. Somit wäre dann auch ein Anhang zum Ausgrabungsbericht fällig. Aber soweit sind wir ja noch lange nicht.

Teilnehmer beim Untersuchen eines Sandsteins

Zuerst sind wir noch etwas zaghaft beim Zerkleinern der dicken Blöcke. Da das Wetter sonnig ist, können wir die Steine auf dem Hof vor dem Naturfreundehaus Gerresheim bearbeiten. Zur ersten Bestimmung genügen Lupen und wenn es Fragen gibt helfen zwei Binokulare (Stereo-Mikroskope) weiter. Mit der Bestimmung ist das so eine Sache. Wir müssen lernen, daß wir nur Abdrücke und Steinkerne zur Verfügung haben. Diese mußten immer wieder in die ursprüngliche Positiv-Form 'zurückgedacht' werden.

Natürlich ist das eine interessante Untersuchung und so vergaßen wir fast das Essen, denn draußen warteten ja die Brocken darauf, zerkleinert und die Fossilien bestimmt zu werden. Aber alle gefundenen Muscheln (Bivalven), z.B. Glycymeris obovata bzw. Glossus subtransversus sowie Schnecken (Gastropoden), z.B. Keepingia bolli und Pectiniden waren bereits in der Liste der 'Erstauswertung des Fossilmaterials der Grabung Erkrath-Pimpelsberg (1996)', von Frau Agnes Viehofen und Herrn Joseph Boscheinen enthalten.

Sandstein mit eingeschlossenen Muscheln

An Hand der gefundenen Muscheln und Schnecken usw. zeichnete Herr Boscheinen ein Bild der damaligen Situation: Es handelte sich hier um einen Küstensaum oder Flachsee, an dem Schalen, Klappen und Gehäuse, entweder ganz oder zertrümmert, (Schillage) angespült worden sind. Immerhin wurden bei der Untersuchung, die im Löbbecke Museum, Düsseldorf, stattfand, 41% der Muscheln, die aus dem Oberoligozän des Niederrhein-Gebietes bekannt sind, und 21% der Schnecken gefunden. Das stratigraphische Alter der untersuchten Sandsteinbank ließ sich mit Hilfe einiger der gefundenen Fossilien bestimmen. Die Leitarten bestätigten eine Zuordnung ins Oberoligozän. Damit würde die untersuchte Sandsteinbank einem absoluten Alter von 30-31 Millionen Jahren entsprechen.

Noch ein Sandstein mit Fossilien

Zum Schluß verglich Herr Boscheinen die Fundstelle Pimpelsberg mit den umliegenden Fundplätzen. Von Heiligenhaus im Norden über Meiersberg/ Niederschwarzbach, Metzkausen, Hochdahl-Millrath bis Solingen-Ohligs ziehen sich die Tertiärsande als breites Band hin. Der Pimpelsberg liegt etwa westlich dieser 2 Linie in Richtung damals offene See. Für einen stratigraphischen Vergleich dieser Fund- stellen fehlen auch die wissenschaftlichen Untersuchungen der Zusammenhänge. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Am Ende hatten wir ein außerordentlich interessantes Seminar mitgemacht. Herr Boscheinen ist ein kompetenter Kenner des Tertiärs im Düsseldorfer Raum und wir freuen uns jetzt schon auf Samstag, 10. November 2001, wenn uns Herr Boscheinen das Löbbecke-Museum +Aquazoo vorstellt - und zwar auch hinter den Kulissen.

Literatur:

Boscheinen, Joseph und Viehofen, Agnes Steinerne Zeugen der tertiären Nordsee
  in Archäologie in Rheinland (1995)
Boscheinen, Joseph und Viehofen, Agnes Grabung Erkrath-Pimpelsberg
  in Decheniana 1997, Band 150
Boscheinen, Joseph und Viehofen, Agnes Erstauswertung des Fossilmaterials der Grabung Erkrath-Pimpelsberg, 1996
 
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