NRZ vom 24.09.2007

Warnung bei Kerzenschein

SICHERHEIT. Radlerin verunglückte tödlich an der Kruppstraße. Fahrradclub bemängelt "chaotische Wegführung".

Auf der Kruppstraße erinnern neongrüne Kreidestriche an den tragischen Unfall vom Donnerstag. Sie zeichnen die Konturen der Radfahrerin (64) nach, die an der Kreuzung Krupp-/Ellerstraße von einem Laster überrollt wurde und starb. Zwei Tage später zündet Birgit Kanawa auf dem Bürgersteig an der Kreuzung Kerzen an. Sie kannte das Unfallopfer nicht, "aber das hätte mir jederzeit selbst passieren können." Schließlich sei sie häufig mit den Fahrrad auf den Straßen der Stadt unterwegs - und hat deshalb am Samstag zu einer "spontanen Warnfahrt" durch die Innenstadt aufgerufen.

Überschaubare 15 Fahrradfahrer sind gekommen. Alle kritisieren die Verkehrsbedingungen in der Landeshauptstadt. "Oft sind die Radwege zugeparkt, hören mitten auf Kreuzungen auf - plötzlich muss man als Radfahrer auf die Straße ausweichen", kritisiert Oliver von Hörsten, Chef vom Düsseldorfer Verband des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs. "Schilder, Warnhinweise, Fußgänger, Autos - vieles steht auf den Radwegen herum, wir werden oft auf die Straße gezwungen", meint auch Birgit Kanawa. Besonders ärgert sie sich über "die chaotische Wegführung. Das ist alles zusammengestückelt", sagt sie. Zum Beispiel am Bilker S-Bahnhof: Dort höre der Radweg plötzlich auf und ginge in den fließenden Verkehr über - "gefährlich, weil die Autofahrer den Radler oft erst viel zu spät wahrnehmen." Schnell könne es zu Unfällen kommen.

An die Tote erinnert jetzt ein Plakat: "Hier starb eine Radfahrerin unter den Reifen eines Lkw. Wir trauern um sie." Die 15 "Warnfahrer" haben unterschrieben.

ANNE HEIDRICH

 
  Rheinische Post vom 24.09.2007

Unfallopfern gedacht

Stille Trauer im Verkehrslärm

Spontan versammelten sich am Samstagvormittag rund 20 Radfahrer an der Ecke Krupp-/Ellerstraße, um der am Donnerstag tödlich verunglückten Radlerin zu gedenken. In die Trauer mischte sich Kritik an der Verkehrspolitik in Düsseldorf. Der Vorwurf: Radfahrer sind in Düsseldorf unerwünscht.

Mit gesenkten Köpfen und die Hände zum Gedenken gefaltet, stehen rund 20 Radfahrer um das weiße Plakat auf dem Boden, das an den schrecklichen Unfall vom Donnerstag erinnert. Volker Götz erhebt die Stimme und erzählt mit ein paar Worten, wie es zum Tod der 64-Jährigen kam. Die Radlerin fuhr am Straßenrand, geriet unter die Reifen des schweren Lkw und starb noch am Unfallort.

„Der Fahrer hat sie anscheinend nicht gesehen. Das war ihr Todesurteil“, sagt Götz. Stille. Niemand sagt etwas. In dem Augenblick hält ein großer Möbelwagen an der Kreuzungsampel neben der Szenerie. Er wirft einen langen, dunklen Schatten auf die Trauergemeinde.

Nichts macht deutlicher, dass die Gefahr alltäglich lauert: Radfahrer, die sich strampelnd durch den Verkehrsdschungel schlagen, leben gefährlich. Das ist Fakt. Einer, der das so nicht hinnehmen will, ist Volker Götz. Er ist Rechtsanwalt, besitzt kein Auto und fährt seit 25 Jahren fast jeden Tag von Garath in die Innenstadt. „Denken Sie mal an das Stück zwischen Bilker Bahnhof und der Heinrich-Heine-Allee: Das ist das große Grauen.“ Im Sattel lebe es sich dort lebensgefährlich. Langfristig sieht Götz nur eine Chance: eine autofreie Innenstadt wie beispielsweise in der Altstadt.

Birgit Kanawa sieht das genau so. Die 49-jährige Fotografin zündet die Lichter an und will die Vorwürfe durchaus konkret machen. Sie fährt später mit den anderen Radfahrern die gefährlichen Stellen ab: Ellerstraße, Kölner Straße, Oberbilker Allee, Corneliusstraße, Berliner Allee, Karlstraße, Worringer Platz. Immer das selbe: Autos parken die am Bürgersteig markierten Radwege gnadenlos zu.

Außerdem übersähen abbiegende Autofahrer oft genug die Radfahrer, und es komme zu gefährlichen Situationen, meint Kanawa.

„Da muss man ja fast schon froh sein, dass nicht mehr passiert“, findet der Vorsitzende des ADFC Düsseldorf, Oliver van Hörsten. Radler seien in Düsseldorf wohl nicht erwünscht.

Nach gut einer halben Stunde machen sich die 20 Radler auf Erkundungsfahrt der gefährlichen Ecken Düsseldorfs. Ein Polizist, der der Mahnwache beiwohnt, meldet sich kurz vor der Abfahrt: „Wenn Sie jetzt fahren: Fahren Sie nicht nur vorsichtig. Bitte, fahren Sie besonders vorsichtig!“ Der weiß, warum er so eindringlich warnt.

UWE REIMANN

Radfahrer trafen sich am Samstagvormittag an der Unfallstelle in Oberbilk, um in stiller Trauer der am Donnerstag tödlich verunglückten 64-jährigen Radlerin zu gedenken. Sie zündeten Trauerkerzen an und kondolierten auf einem improvisierten Mahnplakat.
Foto: RP/Werner Gabriel