Einige gelungene Veranstaltungen 2009
Auf dieser Seite wollen wir Berichte und Fotos von Veranstaltungen veröffentlichen, die wir besonders gelungen finden - als Erinnerung, für diejenigen, die dabei waren und als Anregung für andere. Da die gelungenen Veranstaltungen, die wir darstellen wollen, auch weiterhin immer mehr werden, haben wir nun auch die Veranstaltungen aus 2009 auf diese eigene Seite ausgelagert.
Kabarettiges mit KARo am 14.02.2009
Tucholsky und Konsorten: aus den zwanziger Jahren des
letzten Jahrhunderts zwar, aber immer noch zeitlos aktuell. Und so lockten KARo
fast 60 Besucherinnen und Besucher ins Naturfreundehaus, um eine
literarisch-musikalisch-politische Revue vom feinsten zu geniessen.
Mit ihren Liedern und Texten hatten Karl Dross (Gesang und Rezitation), Anne Becher-Hülshoff (Gesang und Rezitation) und Roger Krempe (Klavier, Gesang und Rezitation) den Geschmack des Publikums getroffen. Sei es Tucholskys Lied von den Karrieren, die allzuoft durch den Hintern der Vorgesetzten gehen, seine Analyse der politischen Situation im Song "Einigkeit und Recht und Freiheit" oder die Sage vom großen Krebs, in dem Walter Mehring vor dem aufkommenden Faschismus warnt: Gesellschaft und Politik der Weimarer Republik wurden auf künstlerische Art wieder lebendig.
Erich Mühsam erzählt
in seinem Lied "Der Revoluzzer" (das er seinerzeit der deutschen
Sozialdemokratie widmete) von den inneren Konflikten eines Revoluzzers zwischen
seiner gefährlichen Revoluzzerei und dem Zivilberuf als Lampenputzer: denn
selbstverständlich dürfen bei all dem Revoluzzen seine geliebten
Lampen keinen Schaden nehmen.
Passend zum Valentinstag
hatten die drei Künstler aber auch eine ganze Reihe Liebeslieder und
-gedichte mitgebracht: so die Lieder "Singt eener uff'n Hof"oder "Die
Nachfolgerin" von Tucholsky oder die Texte "Sachliche Romanze" von Kästner
und "Stationen", wieder von Tucholsky. Und dass - und vor allem wie - es nach
dem Happy End weitergeht, schilderte Tucholsky in seinem Lied "Danach". Eine
Liebe anderer Art schließlich wurde besungen in Tucholskys Lied "Mutters
Hände".
Auch der Humor kam nicht zu kurz: so philosophierte Kurt Tucholsky über den Mensch als solchen ("Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen haßt die andern Klumpen, weil sie die anderen sind, und haßt die eignen, weil sie die eignen sind. Den letzteren Haß nennt man Patriotismus"). Der Seemann Kuddel Daddeldu gibt in Ringelnatzens Märchen seine Version vom Rotkäppchen zum Besten. Und Erich Kästner erzählt in seinem Lied das tragische Schicksal eines notorischen Pechvogels: "Wenn irgendwo 'ne Tür zufällt, hab ich die Finger drin".
Alles in allem durften die Zuschauerinnen und Zuschauer eine vergnügliche Zeitreise unternehmen, und auch wenn manchem Literaturinteressierten der eine oder andere Text bereits bekannt war, so begeisterte die gekonnte Art des Vortrags.
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Frankreich - das ist gutes Essen und leckerer Wein, das sind Chansons und Chateaux, das ist Genuss und Savoir vivre. Und an all dem konnten die etwa 80 Besucherinnen und Besucher an diesem Samstag im Naturfreundehaus teilhaben.
Den Anfang machten Rolf und Monika Niggemeyer, die uns
die Schlösser der Loire dreidimensional präsentierten. Zwei Bilder im
Augenabstand aufgenommen und parallel auf die Leinwand projeziert sowie eine
Spezialbrille, die mit Polarisationsfilter jedes Auge sein eigenes Bild sehen
lässt, erzeugen bei den Betrachtern ein dreidimensionales Bild im Kopf -
und so kommen die architektonischen Feinheiten der Schlösser besonders gut
zur Geltung. Natürlich durften im Vortrag die bekannten und von vielen
Touristen besuchten Schlösser Chambord und Chenonceaux nicht fehlen, aber
auch eine Vielzahl von kleineren und weniger besuchten Schlössern
präsentierten die beiden Fotografen. Viele Details gab es zu entdecken,
angefangen vom Mobiliar und Geschirr über den Wandschmuck mit Teppichen,
Bildern oder Jagdtrophäen bis hin zu alten Fahrzeugen oder Waffen oder der
liebevollen Gestaltung der Gärten. Schauspieler oder Schaufensterpuppen
zeigten überall in historischen Kostümen, wie es damals am Hofe
zuging - in der Küche, bei Empfängen oder beim Lustwandeln im Garten.
Aber nicht nur Schlösser bekamen wir zu sehen, mindestens genau so
reizvoll war ein Mühlenweg mit seinen etwa zehn alten Wassermühlen
oder die Stadt Orleans. Und natürlich - das darf bei Rolf Niggemeyer nicht
fehlen - gab es auch das ein oder andere Insekt in Nahaufnahme zu sehen,
besonders in 3-D ein stets beeindruckender Anblick.
Nach so viel Kultur kommt natürlich langsam der Appetit, und so
konnten die Gäste sich an einem Ratatouille, einem
südfranzösischen Gemüseeintopf, erfreuen. Über
dreißig Kilo Tomaten, Paprika, Zucchini, Auberginen und Zwiebeln hatte
die Familiengruppe am Vortag kleingeschnitten, um daraus diese provencalische
Spezialität zu kochen. Dass das Ergebnis durchaus gelungen war, davon
zeugten die zahllosen Lobesbekundungen, die das Küchenteam erhielt. Und
wer auch bei den Getränken auf französische Spezialitäten aus
war, der hatte die Auswahl zwischen einem Rotwein aus dem Languedoc, einem
Weißwein aus dem Südwesten Frankreichs oder einem Pernod, dem
typisch französischen Anislikör.
So
gestärkt und vielleicht auch nach einem kleinen Spaziergang in der langsam
sich zeigenden Sonne warteten die Gäste dann auf den musikalischen Teil
der Veranstaltung. Schon der Soundcheck zeigte, dass "French Connection" es im
Nu verstand, französisches Lebensgefühl in den Saal des
Naturfreundehauses zu bringen.
Lothar Meunier am Akkordeon und Lutz
Strenger am elektronischen Piano spielten und sangen Stücke aller
großen Chansonniers: Edith Piaf war natürlich mit einer ganzen Reihe
von Liedern vertreten, genau so Charles Aznavour oder Gilbert Becaud. Jeweils
mit einer kleinen Einführung stellten die Künstler die Chansons vor,
die sie dann sehr gekonnt präsentierten. Eine ganze Reihe bekannter
Stücke erklangen so im Naturfreundehaus, "La vie en rose" oder
"L'important c'est la rose", ruhigere Stücke wie "La mer" genauso wie
heiter-schwungvolle Stücke wie die "Champs Elysses" oder die "Ballade des
gents heureux".
Auch
die so typisch französischen Akkordeonstücke, die Musette im
Sechs-Achtel-Takt, gaben French Connection zum Besten. Überraschend doch
für viele, dass die Musette ursprünglich gar nicht auf dem Akkordeon
gespielt wurde, sondern auf einem Dudelsack, und dass erst italienische
Einwanderer das Akkordeon in Frankreich populär machten. Und erst in den
zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts trat die Musette
ihren Siegeszug durch die Salons von Paris an, bevor dann nach dem zweiten
Weltkrieg modernere Rhythmen sie wieder in den Hintergrund
drängten.
Natürlich durften Lothar Meunier und Lutz Strenger nicht ohne Zugabe gehen, aber schließlich fand auch dieser gelungene Tag ein Ende. Und so bleibt nach dem Genuss der französischen Lebensart wieder die Freude auf eine nächste Veranstaltung, bei der wieder ein Land im Zentrum kultureller Vielfalt steht.
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Ein Tag in der Steinzeit am 20.06.2009
Für einen Nachmittag zurück in
die Steinzeit - das konnten etwa 30 Kinder mit ihren Eltern am 20. Juni im
Naturfreundehaus erleben. Auch wenn natürlich nicht alles vollkommen
authentisch war, so boten die NaturFreunde Düsseldorf in Zusammenarbeit
mit den beiden ehrenamtlichen Archäologen Gaby und Peter Schulenberg den
Gästen interessante Einblicke und Erfahrungen über das Leben unserer
Vorfahren.
Den größten Zuspruch erfuhr das Basteln von Amuletten aus Speckstein. Auch wenn die Werkzeuge zur Bearbeitung der Steine eher moderner Natur waren, der Kreativität und dem Geschick der Kinder und Jugendlichen tat dies keinen Abbruch. Vögel, Raubtierzähne, geometrische Figuren und sogar ein Ring wurden aus den Specksteinen herausgearbeitet und schmückten, an eine Kordel gebunden, den Hals der jungen Kunsthandwerker.
Ebenfalls kreativ ging es im steinzeitlichen
Malworkshop zu: mit spitzen Steinen konnten die Kinder steinzeitliche Motive in
Schiefertafeln einritzen. Eine Fülle von Vorlagen alter
Höhlenmalereien gab den Kindern Anregungen für das eigene Werk,
vielfach entstanden aber auch ganz eigene Motive.
Wie mühsam es in früheren Zeiten war, für die Ernährung zu sorgen, konnten die Kinder und ihre Eltern beim Mahlen von Weizenmehl erfahren. Zwischen zwei Steinen wurde eine Handvoll Weizenkörner zerrieben, und es bedurfte schon einiger Zeit und Anstrengung, um sie schließlich zu Mehl vermahlen zu haben. Alternativ gab es auch Erdfarbe zum Vermahlen und anschließenden Vermalen, und so schmückten diverse "Kriegsbemalungen" die Gesichter von Kindern und Elternteilen.
Aber auch das Herstellen von Werkzeug war nicht weniger
mühsam, und selbst wenn wir die steinzeitlichen Klingen bereits
vorgefertigt zur Verfügung stellten: sie in einen entsprechenden Holzgriff
einzupassen um einen Schaber zu erhalten, erforderte einige Arbeit. Mit der
Klinge mussten die Kinder in das Holzstück eine Kerbe einschneiden, die
breit und tief genug ist, um die Klinge aufnehmen zu können. War die Kerbe
fertig, so konnte die Klinge darin befestigt werden - allerdings der
Einfachheit halber mit Holzleim statt mit einer Harzmischung wie in der
Steinzeit.
Nach so viel eigener Erfahrung konnten die
Kinder dann Gaby und Peter Schulenberg gespannt lauschen, wie man in der
Steinzeit so lebte. Eine ganze Reihe von Anschauungsobjekten hatten Gaby und
Peter mitgebracht, und so konnten die Kinder sich auch mal in eiszeitliche
Fellmode werfen, mit Feuersteinen Funken sprühen lassen oder gemeinsam
überlegen, was die Steinzeitmenschen so aßen und wie sie auch im
Winter an die notwendigen Vitamine kamen. Und natürlich gab es auch einige
Fragen der Kinder, die sie auf verständliche Weise beantwortet
bekamen.
Den Abschluss des Tages bildete dann der kulinarische Teil.
Allerdings verzichteten wir auf original steinzeitliche Kost, und den Inhalt
von Mammutmägen, mit denen die Menschen der Steinzeit im Winter ihren
Vitaminbedarf deckten, hätten die meisten wohl ohnehin verschmäht.
Dafür gab es Steaks und Würstchen vom Grill, und rings um einen
Feuerkorb sitzend konnten Kinder und auch Erwachsene ein Stockbrot über
der Glut rösten.
Einen passenden Rahmen für die Veranstaltung bot die von der Gruppe Natur- und Heimatkunde erarbeitete Ausstellung "Was übrig bleibt - Menschenspuren, Pflanzenspuren", die im Untergeschoss des Naturfreundehauses zu sehen war. Knochen und Werkzeuge aus der Steinzeit waren ebenso in der Ausstellung vertreten wie eine Übersicht, ab wann welche Pflanze nachweislich den Speisezettel der Menschen im Rheinland bereicherte. Mitglieder der Gruppe Natur- und Heimatkunde boten für die Interessierten auch kurze Führungen durch die Ausstellung an.
Kurzum - es war ein spannender und kurzweiliger Nachmittag am Naturfreundehaus, der den Besucherinnen und Besuchern viel Spaß gemacht hat. Und einiges Wissenswerte über die Steinzeit ist sicher auch hängen geblieben. Vielleicht bis auf ein nächstes Mal?
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Bergwanderfreizeit Slowakisches Paradies und Hohe Tatra vom 25.9. bis 11.10.2009
Wenn das das Paradies sein soll,
möchte ich lieber in der Hölle sein! - das hatte vor 2 Jahren
unser Tourenleiter Michael Hollstein von einem Bergwanderer zu hören
bekommen. Wir 6 Teilnehmer der diesjährigen Bergwanderfreizeit finden das
Paradies spannend: düster, exotisch, aufregend, abwechslungsreich - die
Hölle stelle ich mir eher langweilig vor! Das Slowakische Paradies ist
eine mächtige Kalkgebirgsscholle im östlichen Teil der Slowakei mit
engen Talschluchten, Wasserfällen bis 60 Meter hoch und Karsthöhlen.
Nach den Regeln des sanften Tourismus sind
wir mit der Bahn von Düsseldorf über Prag bis Spisska Nova Ves -
Zipser Neustadt - problemlos angereist. Von unserem Hotel können wir die
Klettertouren durch die klammartigen Schluchten des Paradieses
bachaufwärts sofort beginnen. Beim Balancieren über rutschige
Baumstämme, schräggetretene Fußgitter, schwankende Brücken
und beim Erklettern hoher Leitern ist der Gleichgewichtssinn gefordert.
Unvermeidlich sind einige Ausrutscher in das zum Glück flache Wasser.
Dankbar begrüßen wir die teilweise vorhandene Absicherung
schwieriger Stellen durch gespannte Ketten.
Wir beobachten Wasseramseln,
Schwarzspechte, ein großer Feuersalamander arbeitet sich durch´s
Bachbett und ein Fuchs mit mächtigem, buschigen roten Schwanz springt
über unseren Weg. Alles leuchtet in der Herbstsonne, pinkfarbene
Pfaffenhütchen, blaue Glockenblumen, reife Äpfel, Birnen, Schlehen -
Obst brauchen wir nicht zu kaufen!
In den Nächten hören wir die Brunftschreie von Hirschen,
in der paradiesischen Woche besichtigen wir die Zipser Burg und ihre
Erdmännchen und finden eine alte, 1299 gebaute
Karthäuserklosteranlage. Bei einer Wanderung eine merkwürdige Spur im
Schlick - wirklich die Tatze eines Bären? Das Heulen eben - waren das
wirklich Wölfe?
Nach einer Woche wechseln wir das Quartier: ein Kleinbus bringt uns ca. 50 km weit nordwestlich in die Hohe Tatra, deren Gipfel wir vom Paradies aus in der Abendsonne leuchten sahen. Am Abend vor unserem Transfer hatten uns zwei Bergsteiger vom Club slowakischer Touristen, Mitglied der Naturfreunde Internationale, besucht und uns Touren vorgeschlagen.
Die Hohe Tatra hat mit der Gerlachspitze,
2655 Meter hoch, die höchste Erhebung der Karpaten. Wir wohnen im
einfachen Hotel Popradske Pleso, ca. 1500 Meter hoch direkt an
einem Bergsee. Auch in dieser zweiten Woche haben wir gutes, teilweise sehr
warmes Wetter.
Bereits am ersten Tag besteigt unsere Gruppe den nahegelegenen Gipfel des Risy, 2499 Meter hoch - allerdings ohne Karin und mich, da Karin bei Beginn des Aufstieges stürzt und sich den rechten Arm bricht. Am Gipfel des Risy verläuft genau die Landesgrenze, es ist möglich, mit einem Bein in der Slowakei und dem anderen in Polen zu stehen. Die Gipfelerstürmer haben klaren Blick bei herrlicher Sonne und blauem Himmel weit ins Zipser Land hinein, nur leider ist es, weil Sonntag, am Gipfel etwas bevölkert!
Mit ihrem eingegipsten Arm erscheint Karin
am nächsten Morgen tapfer zum Frühsport. Wir gehen an diesem Tag,
ohne sie, den Höhenweg Magistrale auf der Südseite der
Berge und steigen vorher von unserem Hotel auf ca. 2000 Meter hoch in den
Sattel. Links von uns die schroffen Gipfel, rechts liegen die Orte in der
Ebene, häufig Plattenbausiedlungen. Erschüttert sehen wir die vom
Sturm verwüsteten Waldgebiete. Gegen Abend erreichen wir unsere
Bahnstation Stary Smokovec, kurz vor dem Ziel stürzt Michael auf einer
sandigen, glatten Stelle heftig und schmerzhaft auf die linke Seite und zieht
sich eine schwere Rippenprellung zu. Auch für ihn heisst es wie für
Karin: Nur noch Spaziergänge!
Das schüttelt unser Programm
gehörig durcheinander! Nach dem vorgesehenen Ruhetag gehen nur Regina und
Hartmut auf die geplante Hüttenwanderung, Karin und Michael machen kurze
Gänge und Hilde und ich wandern den blau gekennzeichneten Weg nach Norden,
steigen zwischen Fichten, Zirben und vereinzelten Krummholzkiefern
allmählich aufwärts, passieren die Waldgrenze, durchschreiten ein
Bachtal und überqueren grasige Hänge, aus denen immer mehr
Gesteinsbrocken auss der Grasnarbe schauen. Wir gelangen in den 1946 Meter hoch
gelegenen Kessel an den höchsten, von Bachforellen bevölkerten
Bergsee der Slowakei, Vel´ke Hincovo pleso, der Überrest eines
Gletschers, 53 Meter tief. In Serpentinen steigen wir zum Sattel, ca. 2100
Meter hoch, auf und erklettern den Vorgipfel des Koprovsky stit, ca. 2500 Meter
hoch. Leider lassen die Wolken nur den Blick in den unten freiliegenden
Talkessel mit Bergsee zu.
Am letzten Tag unserer Reise besichtigen wir die über drei
Kilometer lange Belianska-Höhle, der Himmel ist bewölkt, Nebel steigt
auf. Nachmittags klart es kurz auf, Hilde, Karin und ich steigen noch einmal
auf den östlich gelegenen Sattel vor der Magistrale, ca. 2000 Meter hoch:
Wir sind über den Wolken, rot blinkt die untergehende Sonne durch
Nebeldunst.
Die Rückreise klappt problemlos, wir kommen pünktlich frühmorgens in Düsseldorf an. Wir bedanken uns bei Michael für die hervorragend organisierte lange Reise und die tolle Tourenvorbereitung.
Jetzt haben wir die Mühen der Ebene vor uns - es fällt schwer, wieder in den Alltag abzutauchen. Hilde schreibt mir am 21.10.: Ich bin in Gedanken noch hauptsächlich im Slowakischen Paradies und der Hohen Tatra. Und am liebsten würde ich sofort wieder Rucksack und Stiefel schnüren und losziehen.
Volker Götz
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Verlorene Landschaftsstrukturen - verlorene Schmetterlinge
Vortrag von Prof. Dr. Werner Kunz am 6.11.2009
Ein entschiedenes Plädoyer für mehr Offenland hielt Prof. Dr. Werner Kunz von der Universität Düsseldorf vor etwa 35 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern im Naturfreundehaus Gerresheim. Wollen wir den Rückgang der Vogel- und Schmetterlingsarten in Deutschland stoppen und wieder zu einer größeren Artenvielfalt gelangen, müssen wir auch mit gewissen alten Denkstrukturen brechen, so Kunz in seinem teilweise auch provokativen Vortrag.
Zunächst
gab der Düsseldorfer Wissenschaftler einige illustrative Beispiele
für den Rückgang von Vogel- und Tagfalterarten in den letzten 100
Jahren. Schlangenadler, Kornweihe, Trappe oder Wiedehopf sind nur einige der
Vogelarten, die vor 100 Jahren in Deutschland noch häufig zu finden waren
und heute hier als fast ausgestorben gelten.
Zwar sind im Rheinland von 1990 bis 2000 75 Vogelarten häufiger geworden und nur 33 Vogelarten seltener. Dass so viele Vogelarten häufiger geworden sind, liegt neben der Zunahme von "siedlungsnahen" Vögeln wie Meisen sowie dem vermehrten Zuzug von Neozoen wie dem Halsbandsittich vor allem an der eingeschränkten Bejagung von Reihern, Greifen oder Entenvögeln. Mit Ausnahme der waldliebenden Arten wie Spechten oder Eulen kann die Zunahme nicht auf eine Verbesserung der Biotope zurückgeführt werden. Demgegenüber ist der Rückgang ihrer Biotope aber die Hauptursache für den Schwund der seltener gewordenen Vogelarten.
Da bei den Schmetterlingen der Effekt eines
Rückgangs der Jagd nicht zu beobachten ist, fällt hier das
Verschwinden der Arten noch weit drastischer aus. So gab es - wie man aus alten
Sammlungen weiß - um 1900 noch 64 Tagfalterarten in Düsseldorf,
während es 2000 nur noch 27 Arten waren. In schönen Aufnahmen, die er
im ungarischen Bükk-Gebirge gemacht hat, stellte Prof. Dr. Kunz einige
dieser bei uns mittlerweile verschwundenen Arten vor: Schachbrett, Feuerfalter,
Kaisermantel, der kleine Schillerfalter oder der große Eisvogel, die
größte Tagfalterart Mitteleuropas.
Entstanden sind diese Aufnahmen im Bükk-Gebirge
fast alle auf Waldwiesen und Trockenhängen, die es dort noch reichlich
gibt. Denn dies - so führt Kunz im zweiten Teil seines Vortrags aus - ist
die Hauptursache für den Rückgang vieler Vogel- und
Schmetterlingsarten: offene Landschaften mit Trockenrasen, Sand und Fels, wie
wir sie auf alten Stichen oder Gemälden unserer Region noch finden
können, nehmen bei uns immer mehr ab.
Die meisten Naturflächen
sind heute mit Bäumen, Büschen und hohem Gras bewachsen, sind dadurch
zu kühl und feucht für viele Schmetterlingsarten und nehmen
Wiesenbrütern die Chance, ihre Feinde rechtzeitig zu erkennen. Hinzu
kommt, dass die Wälder nicht mehr wie die einstigen zur Beweidung und
Holzgewinnung genutzten Gemeindewälder licht sind, sondern immer dichter
werden und kein Licht mehr an den Boden gelangen lassen.
Anders als z.B. der tropische Regenwald, dessen dünne Humusschicht nach einer Rodung unwiederbringlich verloren ist, wachsen in Mitteleuropa freie Flächen ohne menschlichen Eingriff schnell mit Büschen und Bäumen zu. Begünstigt wird dies zusätzlich durch eine immer stärkere Stickstoffeintragung auch aus der Luft, so dass Stickstoff liebende Pflanzen auch einstmals magere Böden überwuchern können und die eigentlich dort wachsenden Pflanzen verdrängen.
Nun kann man den zunehmenden Waldreichtum in Deutschland - tatsächlich haben wir heutzutage mehr Wälder in Deutschland als jemals zuvor in geschichtlicher Zeit - sicher aus vielerlei Gründen begrüßen. Für die Erhaltung der Artenvielfalt aber ist die Zunahme der Waldflächen kontraproduktiv.
Was kann man also tun, um die zunehmende Vergrasung, Verbuschung und Verwaldung in den Griff zu bekommen, um gewissermaßen "die Natur vor sich selbst zu schützen". Sicherlich ist es naiv zu glauben, wir könnten flächendeckend zu den ursprünglichen Produktionsweisen in der Landwirtschaft zurückkehren, auch wenn es hier sicher vereinzelte positive Ansätze gibt. Die Tendenz geht jedoch eher in Richtung weiterer Technisierung, und auch in Regionen Europas mit noch erhaltenen bäuerlichen Traditionen wird durch die EU-Osterweiterung und die Einführung landwirtschaftlicher Normen ein Strukturwandel nicht ausbleiben.
Ein guter Ansatz, Offenflächen zu erhalten und
auch auszuweiten, ist die mancherorts bereits praktizierte Beweidung solcher
Flächen mit Schafen und Ziegen, aber auch mit Pferden oder
ursprünglichen Rinderarten. Diese halten aufkommende Verbuschung kurz und
unterstützen effektiv die in die gleiche Richtung gehenden
Arbeitseinsätze von Naturschutzverbänden.
Durchaus in provokativer Absicht zeigte Professor Kunz auch Bilder von Truppenübungsplätzen, Flugplätzen oder Braunkohletagebau als Beispiele, wo seltene Pflanzen und Tiere noch die notwendigen Offenflächen finden. Sicherlich können wir uns aus anderen Gründen solche Einrichtungen nicht wünschen, und im Gegensatz zu Offenräumen früherer Art sind sie absolut nicht ästhetisch. Aber wir müssen ein Bewusstsein erlangen, dass auch "zerstörte" Flächen einen positiven Wert haben können. Förderung der Biodiversität ist nicht allein die Bewahrung und Konservierung von Strukturen, viele Tier- und Pflanzenarten benötigen geradezu Katastrophen wie Brände, Überschwemmungen und Stürme, um auf lange Sicht überleben zu können.
Wollen wir also auch in Zukunft noch Artenvielfalt erleben, so müssen wir uns von einer einseitigen Förderung und Erhaltung des Waldes als Ziel des Naturschutzes verabschieden, wie sie sicher auch aus dem "deutschen Gemüt" zu erklären ist. Nur mit auch unpopulären Maßnahmen lassen sich die offenen Landschaftsstrukturen schaffen, die für die Erhaltung vieler Arten nötig sind.
Ein solch engagierter Vortrag rief natürlich anschließend eine lebhafte Diskussion unter den anwesenden Naturfreunden und Vertretern anderer Umweltverbände hervor. So wurde vielfach ein zu starrer und restriktiver staatlicher Naturschutz bemängelt, der keine dynamischen Entwicklungen berücksichtigt. Sicherlich ist unsere Umwelt ein äußerst komplexes Gebilde, und die Grenze zwischen übermäßiger Belastung, die zu unwiderruflicher Zerstörung führt, und Eingriffen, die die Entwicklung von offenen Landschaftsstrukturen fördern, ist fließend. Nur starre Regeln werden dem aber nicht gerecht, und insofern ist auch beim Naturschutz Flexibilität und Umdenken gefragt: nicht immer ist die naheliegendste oder populärste Maßnahme auch die beste.
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